Wie man in den Wald hineinruft …
Im Kern geht es darum, Verständnis für die Tiere zu wecken, Wissen zu vermitteln. „Das allein reicht aber nicht aus“, ist Dr. med. vet. Barbara Szivacz- Melmer, Betreiberin eines kleinen Offenstalls (siehe „Best Practice“ Seite 40), überzeugt. „Man kann den Leuten erzählen, was man will, die Information alleine bringt nichts. Wir alle tun Dinge nur dann gerne, wenn wir ein gutes Gefühl dabei haben. Wenn ich will, dass die Menschen Verantwortung für die Pferde übernehmen und sie schützen, dann geht das nur über eine gute Beziehung.“ Unser Vorteil dabei: Wir halten eine Tierart, die Sympathie weckt und Menschen zusammenbringt. In Barbara Szivacz-Melmers Haltergemeinschaft ist man sich dessen bewusst, alle bemühen sich aktiv darum, einen guten, freundlichen Kontakt zu den Einwohner:innen des Orts zu unterhalten und persönliche Beziehungen zwischen Menschen und Pferden zu fördern. So hat sie seit mittlerweile über sechs Jahren keinerlei Probleme mit unbefugter Fütterung – und das, obwohl ihre Koppeln direkt an einem gern und viel genutzten Spazierweg liegen. „Wenn du als Pferdehalter die Menschen auf deiner Seite hast, profitieren alle davon!“, weiß sie, und bringt die Lösung des Dilemmas Fremdfütterung damit auf den Punkt."
"Aktiv auf die Nachbarschaft zuzugehen sei oft gar nicht viel Aufwand, weiß sie, bringe aber richtige Sympathiepunkte und ein gutes Gefühl auf beiden Seiten. In ihren ersten Jahren als Stallbetreiberin veranstaltete sie daher Tage der offenen Tür, bis heute lädt sie jährlich die vierten Klassen der örtlichen Volksschule in ihren Stall ein. Besonders den Kindern Pferdewissen zu vermitteln, ist ihr eine Herzensangelegenheit. Dafür hat sie sogar einen eigenen Pferdelehrpfad entworfen, der nun den Weidezaun entlang des neu angelegten Spazierwegs ziert. ... Dieses Engagement mache sich doppelt und dreifach bezahlt, berichtet Barbara Szivacz-Melmer, denn sie habe die Menschen nun auf ihrer Seite. „Mittlerweile rufen die Leute bei mir an, wenn sie zum Beispiel sehen, dass der Zaun kaputt ist. So habe ich ganz viele Augen, und das ist mir unglaublich viel wert. Ich lege auch den Mädels in meiner Haltergemeinschaft sehr ans Herz, freundlich zu den Leuten zu sein, die Pferdeäpfel vom Weg wegzuräumen, ein bisschen mit den Menschen zu plaudern, wenn man sich begegnet. Wenn die Leute die Namen der Pferde kennen, wenn sie wissen, dass der eine vielleicht schon alt ist und schlechte Zähne hat, wenn man sie ein bisschen streicheln lässt, dann sind schon eine Beziehung und ein Verantwortungsgefühl aufgebaut. Das kostet zwei Minuten, macht Spaß– und du schläfst in der Nacht gut.“ Barbara Melmer ist überzeugt, dass die Kombination aus Beziehung schaffen und Wissen vermitteln der beste Weg ist, um die Pferde vor Fremdfütterung zu schützen."
Eva Schweiger, Pferderevue 03/2023